Mein Weg als Web-Entwickler

Das Softwareentwickeln lernte ich 1987 zu Beginn meines Mathematik-Studiums. Eigentlich kann ich mich nicht erinnern, es gelernt zu haben, denn ich konnte es einfach so von heute auf morgen und mein erstes Softwareprogramm hatte bereits mehr als 20.000 Lines of Code (Codezeilen). Das Programmieren wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. (Obwohl es dann trotzdem noch bis zu meinem 18. Lebensjahr dauerte, bis ich auch tatsächlich damit anfing.)

PCs gab es damals an dieser Universität noch nicht und einen eigenen Rechner hatte ich auch nicht. Also musste ich das sogenannte Rechner-Kabinett der Fakultät nutzen, das aber tagsüber für uns Studenten nicht zur Verfügung stand. Mein erstes Programm und noch viele die während des Studiums folgten, entstand deshalb nachts zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens. Die Erinnerungen an diese Nächte zählen zu den schönsten meines Lebens, wenn 10-20 Leute in völliger Stille, die nur durch das Klappern der Tasten unterbrochen wurde, wie besessen irgendwelche Programmbefehle einhackten. Die Zeit verging wie im Flug und Müdigkeit machte sich erst bemerkbar, wenn man im Aufkeimen der Morgendämmerung ins Bett fiel. Der einzige Nachteil war, dass man morgens um 9 schon wieder in der Vorlesung sitzen musste.

Was an solchen Erinnerungen schön sein soll, wird sich vielleicht mancher fragen: Es ist die Freude, schöpferische tätig zu sein, etwas zu erschaffen, eine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Und das geht – wenn man mich fragt – auf keine Weise so einfach, so schnell und mit so vielen Möglichkeiten wie bei Software.

Für mich ist Software deshalb auch sehr viel mehr als ein Aneinanderreihen von Programmbefehlen. Das erfolgreiche Fertigstellen einer Software verlangt schöpferische Fähigkeiten, die über rein technische Kenntnisse weit hinausgehen. Ich habe mich deshalb auch gerade in den letzten Jahren mit Kreativität und den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten schöpferischer Prozesse beschäftigt.

Das Ergebnis ist eine Art zu entwickeln, die immer besser auf überflüssige technische Hilfsmittel und alles was Kompliziertheit und Komplexität erzeugt, verzichten kann:

Mit einfachsten Mitteln und in kürzester Zeit wirklich große Wirkung erzielen – das ist, was mich wirklich interessiert.

Als ich nach meinem Mathematikstudium anfing, bei Bosch als Softwareentwickler anfing, beschäftigte ich mich 2 Jahre lang sehr intensiv mit industriellen Methoden der Softwareentwicklung, mit Projektorganisation und Vorgehensweisen.

Das erwies sich als Glücksfall, als ein wichtiges Großprojekt unter sehr viel Zeitdruck startete. Software-Großprojekte sind gerade zu Beginn eine echte Herausforderung, weil alles so viel, so unübersichtlich und chaotisch erscheint, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Der Teamleiter des Softwareteams wusste es jedenfalls nicht – aber ich, denn was hier gebraucht wurde war gerade das Wissen, mit dem ich mich seit meinem Berufseinstieg intensiv befasst hatte. Als das Projekt in eine Krise geriet, weil einfach keine Ergebnisse herauskamen, machte die Projektleitung kurzerhand mich zum Teamleiter und den bisherigen Teamleiter zum Mitglied meines Teams. Ein wie ich bis heute finde, sehr erstaunlicher Vorgang, zumal ich mit 26 Jahren auch ganz schön jung dafür war. Ich hatte immerhin 15 Mitarbeiter. Es hat aber funktioniert – das Projekt war erfolgreich.

Viele behaupten heute von sich, die Einfachheit gepachtet zu haben. Aber wirkliche Einfachheit ist eine Folge geistiger Entwicklung, die mit Technik nicht viel zu tun hat. Sie verlangt die Fähigkeiten, zum Wesentlichen zu kommen und das Wesentliche überhaupt erst einmal sehen zu können.

Während meines Mathematik-Studiums war es natürlich oft die Aufgabe, mathematische Beweise für mathematische Behauptungen zu finden. Darüber hinaus gab es aber den Anspruch, nicht irgendwelche Beweise zu finden, sondern solche, die möglichst einfach und dadurch elegant sind.

Und genauso entwickle ich Software: Es reizt mich besonders, diese einfachen, ganz besonderen Lösungen zu finden, die irgendwie magisch sind, weil man eine so einfache Lösung für dieses Problem zu Beginn keinesfalls erwartet hätte.